Bevor wir in diese so wichtige Frage einsteigen, die mir so oft gestellt wird, wie wohl keine zweite, muss ich zunächst kurz erklären, worauf meine Antwort abzielt: in diesem Artikel geht es um die Frage, was unter finanziellen Gesichtspunkten besser oder schlechter ist und welche finanziellen Unterschiede es macht, ob man eine Immobilie als Eigenheim oder aber als Kapitalanlage erwirbt.
Für viele Menschen hat es hingegen einen hohen emotionalen Wert, in der eigenen Immobilie zu leben. Man ist sein eigener Herr, kann tun und lassen, was man will und hat das Gefühl, dass man – sofern man ins Haus investiert – das Geld für sich und nicht für andere ausgibt. Diese emotionalen Aspekte finde ich vollkommen legitim und nachvollziehbar, werde sie im Folgenden allerdings bei Seite lassen, da es hier lediglich um eine wirtschaftliche Betrachtung gehen soll.
Ich nehme aber vorweg, dass auch ich den emotionalen Aspekten, in der eigene Immobilie zu leben, durchaus eine hohe Bedeutung beimesse. Daher möchte ich ich hier noch eine Alternative zum klassischen Eigenheim-Kauf aufzeigen. Dazu aber später mehr.
Die großen finanziellen Unterschiede sind schnell erklärt. Im Wesentlichen sind es die folgenden drei Punkte:
- Bei einer Kapitalanlage kann ich sämtliche Zinsen steuerlich absetzen während ich beim Eigenheim auch die Zinsen aus meinem bereits versteuerten Netto-Gehalt zahlen muss. Dasselbe gilt für die Kosten, die im Zusammenhang mit dem Kauf der Immobilie entstehen wie zum Beispiel Grunderwerbsteuer, Notar- und Gerichtskosten.
- Auch sonstige im Zusammenhang mit der Vermietung entstehende Kosten wie Verwaltungsgebühren, Hausgelder, Grundsteuern, Instandhaltungskosten und Reparaturen usw. kann ich bei der Kapitalanlage absetzen. Beim Eigenheim ist dies bis auf absolute Kleinigkeiten nicht möglich.
- Bei einer vermieteten Wohnung kann ich zudem die sogenannte Abschreibung für Abnutzung (AfA) steuermindernd ansetzen. Auch dies geht bei selbstgenutzten Immobilien nicht.
Mit anderen Worten: bei zwei völlig identischen Häusern, muss ich im Falle des Eigenheims mehr Geld ausgeben, um es zu besitzen als bei einem vermieteten Objekt.
Wie aber kann man diesem Dilemma nun entgehen und doch noch guten Gewissens eine eigene Immobilie beziehen, ohne dass Gefühl zu haben, eine wirtschaftlich schlechte Entscheidung getroffen zu haben? Die Antwort möchte ich am Beispiel einer ehemaligen Kollegin verraten. Wir nennen sie einfach mal Sarah.
Sarah erzählte mir eines Tages auf der Arbeit, dass sie tatsächlich €300.000 geerbt habe, die sie nun in Immobilien anlegen wolle. Da sie ohnehin umziehen wollte, beschäftigte sie nun der Gedanke, sich eine Wohnung in Köln zu kaufen, um sie selbst zu beziehen. Sie hatte auch schon etwas in der engeren Auswahl, was in etwa €300.000 kostete. Es schien alles zu passen. Der große Vorteil lag ja auf der Hand: sie könnte die Wohnung quasi sofort bezahlen und müsste nie wieder Miete bezahlen. Wer wird da schon „nein“ sagen?
Ich schlug ihr einen anderen Weg vor: Meine Idee bestand darin, die €300.000 in vier gleiche „Teile“ von jeweils €75.000 zu splitten. Mit den ersten drei Teilen, schlug ich ihr vor, solle sie drei Eigentumswohnungen als Kapitalanlage kaufen und vermieten. Die Finanzierung solle sie so gestalten, dass die Mieteinnahmen sämtliche Ausgaben wie Finanzierungsrate, Rücklagen, Verwaltungskosten etc. um €200 übersteigt. Wohl bemerkt pro Wohnung. Sie hätte zum Beispiel drei Wohnungen für je €150.000 (inkl. Kaufnebenkosten) kaufen können, die sie zu 50% angezahlt hätte. Die Miete hätte €550 pro Wohnung betragen, wovon man €215 für die Finanzierungsrate sowie €135 als Bewirtschaftungskosten und Rücklage, also insgesamt €350 hätte abziehen müssen. Das macht einen Überschuss von €200 pro Wohnung. Da es um drei Wohnungen ging, hätte sie somit €600 monatlich an freien Mieteinnahmen erhalten. Und ihre eigene Wohnung? Die solle sie mit den letzten €75.000 anzahlen und dann so finanzieren, dass die monatliche Rate genau €600 betragen hätte.
Sie hätte also – wie auch in Szenario 1 – ab sofort keine Miete mehr zahlen müssen und würde in ihrer eigenen schönen Wohnung leben. Der große Unterschied aber ist: sie hätte drei weitere Wohnungen „gratis“ dazu bekommen. Wenn diese und ihre eigene Wohnung abbezahlt wären, wäre das ein tolles Zusatzeinkommen gewesen, für das sie nichts hätte weiter tun müssen.
Sarah hat meinen Vorschlag nach reiflicher Überlegung abgelehnt, da es ihr zum einen zu aufwändig erschien und zum anderen empfand sie es emotional als zu stressig, mehrere Wohnungen zu vermieten. Ich respektiere das voll, will aber zeigen, dass man durch eine kluge strategische Entscheidung hier finanziell weiter kommen kann, ohne einen einzigen Cent in die Hand zu nehmen. Finanziert hätten alle Wohnungen schließlich die Mieter.
Sofern man also den Wunsch hegt, auch ein Eigenheim zu beziehen, so ist es mein gut gemeinter Rat, zunächst einmal mehrere Wohnungen als Kapitalanlage zu erwerben und aus diesen Überschüssen, dann die eigene Immobilie zu finanzieren. Dies hat auch noch einen zweiten Vorteil: Als Käufer eines Eigenheims ist man natürlich gut beraten, das Darlehen für die Immobilie so schnell wie möglich zu tilgen, da eine längere Laufzeit nur mehr Zinsen bedeuten und man diese nicht einmal absetzen kann. In der Praxis führt dies oft dazu, dass Käufer mit den monatlichen Raten ihren finanziellen Spielraum vollständig ausreizen. Wenn sie durch die hohen Raten nicht finanziell in Engpässe geraten, so leben sie zumindest häufig eingeschränkt, weil sie unter dem dauerhaften Druck stehen, die Immobilie schnell tilgen zu wollen. Kommt einmal unerwartet Geld herein, zum Beispiel ein Gehalts-Bonus, dann wird auch dieses als Sondertilgung in die Immobilie gesteckt. Ich frage mich: will man so leben? Und das über Jahrzehnte hinweg?
Ich persönlich würde die Raten für mein Eigenheim niedriger ansetzten und einfach finanziellen Spielraum genießen. Dass ich über die Laufzeit hinweg dadurch mehr Zinsen zahle, ist mir schlicht egal. Schließlich zahle nicht ich die Zinsen, sondern die Mieter der Kapitalanlagen. Dafür habe ich ein wesentlich entspannteres Leben und mehr finanziellen Spielraum. Ich hoffe, ich konnte Dir hiermit eine neue Sichtweise auf das Thema „Eigenheim“ vermitteln. Viel Erfolg beim Investieren!