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Kürzlich habe ich mich mit einer Arbeitskollegin namens Juliane über Immobilien unterhalten. Sie erzählte mir, dass sie gerne eine Eigentumswohnung kaufen wolle, aber leider erst 15.000€ und somit noch nicht genügend Geld gespart hätte, um endlich den Anfang zu machen. Als ich ihr erzählte, dass das für die erste Wohnung locker reichen würde, war sie völlig perplex. 

Die meisten Menschen haben überzogene Vorstellungen davon, wie viel Eigenkapital man benötigt, um eine Immobilie zu erwerben. Klassisch – so sagt man – sind ja bekanntlich 25%. Die meisten Menschen haben aber ebenfalls überzogene Vorstellungen davon, was Immobilien kosten. Schauen wir uns die Dinge einmal genauer an:

Was ist der Hintergrund der empfohlenen Eigenkapitalquote von 25%? 

Zunächst einmal ist das eine Empfehlung aus Sicht der Bank, nicht aus Sicht eines Investors. Wenn eine Bank einem nämlich ein Darlehen in Höhe von 75% des Immobilienwertes gibt, dann ist die Bank weitest gehend aus dem Risiko. Sollte der Darlehensnehmer eines Tages seinen Darlehensverpflichtungen nicht mehr nachkommen, so kann die Bank die Immobilie nämlich versteigern. Man geht im Allgemeinen davon aus, dass man auch unter schwierigen Bedingungen und unter Abzug von Kosten immer mindestens 75% des Objektwertes in einer Zwangsversteigerung erzielen kann. Wird dieser Wert erreicht, bekommt die Bank das gesamte Darlehen zurück und hat somit kein Risiko aus der Finanzierung. Auf der anderen Seite erleichtert diese Voraussetzung aber auch die Kreditvergabe. Da für die Bank kaum ein Risiko besteht, wird sie gerne bereit sein, die Immobilie zu finanzieren. Anders wäre es, wenn die Bank den gesamten Kaufpreis finanzieren würde – man spricht hier von einer 100%-Finanzierung – und dann im Falle einer Versteigerung nur 75% des Darlehens zurückerhalten würde. Die Bank hätte somit einen Verlust von 25% gemacht. Daher erleichtert eine  Eigenkapitalquote von 25% deutlich die Kreditvergabe.

Wenn jemand also empfiehlt, mindestens 25% Eigenkapital in eine Finanzierung mit einzubringen, dann denkt er entweder aus Sicht der Bank, oder meint es im Hinblick auf die Wahrscheinlichkeit, eine Finanzierungszusage zu erhalten. Oder er weiß gar nicht, warum er es empfiehlt und sagt es nur, weil es jeder sagt; ohne die Hintergründe zu kennen.

Zudem ist die Empfehlung von 25% Eigenkapital schon Jahrzehnte alt und stammt aus Zeiten, in denen Finanzierungszinsen noch 6% und mehr betrugen. Die Darlehen waren damals so teuer, dass eine 100%-Finanzierung so hohe Raten zur Folge hatte, dass die Miete, die man als Investor erhielt, niemals ausreichte, um davon die Raten sowie die Nebenkosten der Immobilie zu begleichen. Brachte man aber 25% Eigenkapital mit, so schrumpften die Raten und die Miete deckte alle Ausgaben. 

Dieser Sachverhalt trifft heute aber nicht mehr zu. Heutzutage findet man haufenweise Immobilien, deren Mieteinnahme selbst bei einer 100%-Finanzierung alle Ausgaben übersteigt. 

Ein dritter Aspekt ist der, dass die meisten Menschen bei der 25%-Empfehlung von Eigenheimen sprechen und nicht vom Erwerb einer Kapitalanlage. Da man bei selbstbewohnten Immobilien die Zinsen nicht steuerlich absetzen kann, ist es hier auch viel mehr von Interesse, Zinsen zu sparen; nicht zuletzt deshalb macht eine höhere Eigenkapitalquote bei Eigenheimen also Sinn. 

Was ist nun aber besser bei Kapitalanlagen? 100%-Finanzierungen oder auch lieber mehr Eigenkapital? Aus Investorensicht ist die Antwort klar: Ersteres! Natürlich gibt es hier eine Menge zu beachten, wie Beleihungsquoten, die eigene Bonität, sogenannte Stress-Tests und vieles mehr. Aber unter Renditegesichtspunkten sollte man eher wenig Eigenkapital mit in die Finanzierung einbringen. Wenn Dich interessiert, warum das so ist, dann empfehle ich Dir meinen Artikel „Wie lange braucht man, um mit Immobilien Millionär zu werden“, in dem dies genau beschrieben wird. 

Vor allem aber, und das war ja die Ausgangsfrage dieses Artikels, kann man viel eher eine Immobilie erwerben, weil man eben nicht erst 25% Eigenkapital ansparen muss. Und da jede gute Immobilie Geld für einen erwirtschaftet, sollte man so früh wie möglich damit anfangen. 

Wenn die Voraussetzungen stimmen, kann ich 100%-Finanzierungen demnach guten Gewissens empfehlen. Man muss natürlich das Gesamtportfolio im Blick behalten, aber sie machen durchaus Sinn. 

Und wieviel Geld braucht man jetzt? Was Du in jedem Fall selber bezahlen solltest, sind die sogenannten Erwerbsnebenkosten. Dazu gehören Grunderwerbsteuer, Notar- und Gerichtskosten sowie gegebenenfalls die Maklerprovision. Da die Grunderwerbsteuer von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich ist und nicht immer eine Maklerprovision fällig wird (z. B. wenn der Eigentümer selbst die Immobilie verkauft), betragen die Erwerbsnebenkosten in etwa zwischen 8 und 12%. Im Folgenden werde ich der Einfachheit halber von 10% sprechen. 

Oben hatte ich zudem erwähnt, dass viele Menschen überzogene Vorstellungen davon haben, was Immobilien kosten. In den Medien hören wir immer wieder vom Immobilien-Boom, von Wohnungsnot, von astronomischen Preisen usw. Das ist aber nicht immer und überall der Fall. Während eine 50qm-Wohnung in der Kölner-Innenstadt vielleicht €300.000 kostet und somit im Falle einer Vollfinanzierung über 40 Jahre zu 1% Zins alleine eine Finanzierungsrate von €759 hätte (bei einer Miete, die vermutlich darunter liegt), bekomme ich eine gleich große Wohnung in Dortmund oder Krefeld für etwa €80.000. Die Lage ist natürlich eine andere, aber die Miete in Dortmund oder Krefeld beträgt für eine solche Wohnung etwa €500, die Finanzierungsrate aber nur €202. Das heißt, ich erwirtschafte hier einen Überschuss. 

Zudem würde ich jedem, der in Immobilien investieren möchte, empfehlen, erst einmal klein anzufangen. Es ist wichtig, sich mit den Prozessen wie etwa einem Notartermin vertraut zu machen, Erfahrungen zu sammeln und Stück für Stück zu wachsen. Allein deshalb macht es Sinn, nicht gleich eine Wohnung für eine Viertel Million Euro zu kaufen. 

Wenn ich dies also berücksichtige und wir von etwa 10% Erwerbsnebenkosten ausgehen, dann kann man mit ca. €8.000 durchaus seine erste Eigentumswohnung kaufen. Das man natürlich noch ein paar Euro als Reserve zurückhalten sollte, ist ja selbstverständlich – bitte berücksichtige das natürlich. Und falls Du jetzt meinst, dass das doch nicht sein kann, so lass Dir sagen, dass es täglich hunderte von Immobilienkäufen dieser Art in Deutschland gibt. Ich selbst habe mit €12.000 meine erste Wohnung in Köln gekauft und erst neulich wieder eine 51qm-Wohnung in Krefeld mit €6.375 Eigenkapital. Das ist wirklich nichts besonderes. 

Mache also nicht den Fehler und glaube, Du seist nicht „reich genug“ für Immobilien oder müsstest erst noch Jahre lang sparen. Suche Dir stattdessen eine solide kleine Eigentumswohnung in einer guten B-Lage, achte darauf, dass die Miete höher ist als sämtliche Ausgaben wie Finanzierungsrate, Nebenkosten und Rücklagen und lebe den Traum Deiner ersten Immobilie. Und dann heißt es Stück für Stück wachsen. Ich wünsche Dir viel Erfolg beim Investieren.